Besuch der Quo Vadis 2016
Vom 18. bis zum 20. April lockte auch in diesem Jahr die größte Konferenz der Spieleindustrie zahlreiche Besucher nach Berlin. Im Rahmen der International Games Week Berlin bot die Konferenz den etwa 3000 nationalen und internationalen Besuchern eine Vielzahl von Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Ausstellungen, in denen aktuelle Trends und Entwicklungen der Branche beleuchtet wurden.
Als Speaker konnten in diesem Jahr wieder einige namhafte Persönlichkeiten gewonnen werden. So waren neben den Game Engine Veteranen David Helgason, Gründer von Unity, oder Avni Yerli, Mitgründer von Crytek, auch Entwickler bekannter Spiele vertreten wie Luc Baghadoust und Raoul Barbet, von den “Life is Strange” Machern DONTNOD, oder Martin Sahlin von Coldwood Interactive, verantwortlich für “Unravel”. Zudem gaben Veteranen wie Don Daglow, Spieleentwickler seit 1971, oder Matt Firor, Designer des Bestsellers “Dark Age of Camelot” und Game Director bei “The Elder Scrolls Online”, lehrreiche Einblicke in ihren über viele Jahre in der Spielbranche erworbenen Erfahrungsschatz.
Neben der Konferenz fanden einige Nebenveranstaltungen rund um das Thema Spieleentwicklung statt. In einer eigens dafür eingerichteten von der übrigen Veranstaltung separierten Räumlichkeit konnten interessierte Entwickler in einem “Pitch&Match” vor potentiellen Geschäftspartnern ihre Projekte pitchen.
Auf der “Indie Game Expo” präsentierten Indie-Entwickler ihre aktuellen Entwicklungen, die von den Besuchern angespielt werden konnten.
In einer “Education Area” stellten Studenten unterschiedlicher privater und öffentlicher Hochschulen ihre auf die Spieleindustrie zugeschnittenen Studiengänge und im Rahmen von Lehrveranstaltungen erstellte Spielprojekte vor.
Zur Unterhaltung wurde eine “Retro Gaming Exhibition” aufgebaut, in denen man sich auf Spielekonsolen der letzten Dekaden die Zeit vertreiben konnte. So konnte man sich beispielsweise auf dem “SNES” umkämpfte Rennen in “Super Mario Kart” liefern oder Sonic auf dem “Sega Mega Drive” auf der Jagd nach Dr. Robotnik begleiten.
Mit der “Best of Quo Vadis” Show wurde ein Wettbewerb veranstaltet, in dem unter den Spielen aufstrebender Entwickler-Teams die besten Vertreter durch eine erfahrene Fachjury ermittelt wurden.
In diesem Jahr fand die “Quo Vadis” an einem neuen Veranstaltungsort statt, der Station Berlin. Mit dem Umzug aus dem “Cafe Moskau” wurde auf die wachsenden Besuchszahlen der letzten Jahre reagiert, sodass ausreichend Raum für die Vielzahl der Präsentationen und Zuhörer zur Verfügung stand. Dabei wurden alle Veranstaltungen in einem Raum abgehalten, was der offenen Kommunikation auf der Konferenz zuträglich war. Um den Talks folgen zu können, erhielt jeder Besucher Headphones, auf die das Audiosignal der einzelnen Tracks übertragen wurde. Jeder Besucher konnte damit dem gewünschten Vortrag flexibel ortsunabhängig verfolgen.
An insgesamt 3 Tagen wurde den Besuchern eine Vielzahl interessanter Talks präsentiert, die in 6 Tracks organisierten wurden. In den Talks wurden die vielfältigen Themenbereiche der Spielebranche beleuchtet. So konnte man über Game Design, Marketing und andere Business relevante Themen ebenso etwas lernen, wie über Spiele Journalismus, konkrete technische Problemlösungen oder wichtige in der Industrie verwendete Tools. Darüber hinaus wurden mit dem “BIU eSports Summit” und dem “Techsummit” Schwerpunkte auf die Themen eSports und maschinelles Lernen in Computer Spielen gelegt.
Der erste Konferenztag wurde von Kai Rosenkranz von Nevigo und dem Stress Forscher Axel Wegner mit einem Vortrag über Stress und Stress Management sowie Burnout in der Spieleindustrie eingeleitet. Wegen der hohen Arbeitslast und großer Ansprüche an sich selbst sind die in der Branche arbeitenden Menschen gegenüber Burnout anfällig. In dem Talk beleuchteten die Vortragenden die Auswirkungen von Stress und wie Burnout entstehen kann. Außerdem wurden Ansätze geliefert, wie Betroffene besser mit Stress umgehen können, um psychologischen Krankheiten vorzubeugen.
Anschließend erklärten die Entwickler von “The Book of Unwritten Tales 2” (KING Art Games) wie sie ihr Spiel mithilfe der Unity Engine für 10 Plattformen veröffentlichen konnten und welche technischen Schwierigkeiten sie auf dem Weg dorthin auf welche Weise lösen konnten. Dabei gaben sie wertvolle Hinweise, die bei der Entwicklung von Spielen für die verschiedenen Plattformen helfen können.
Andrew Spearin, Entwickler des Indie Shooters “Insurgency”, bewertete in seinem Vortrag den Einfluss, den Indie Entwickler und ihre Spieler auf die Branche haben und wie die in Indie-Spielen eingeführten Innovationen die Wahrnehmung und Erwartung von Spielern und Industrie an neue Spiele verändern.
Einen interessanten Einblick in die Arbeitsweise von Spielmagazinen und -webseiten gab Heiko Klinge, seines Zeichens Chefredakteur von GameStar und GameStar.de. Er beleuchtete dabei wie sich die Medienlandschaft in der Berichterstattung über Spiele in den letzten Jahren gewandelt hat und wie auf Basis statistik-basierter Analysen darüber entschieden wird, in welchem Maße über ein Spiel berichtet wird.
Im Vortrag von Thomas Bidaux von ICO Partners wurde dieses Thema nochmal aufgegriffen und ein Tool vorgestellt, mit denen sich Daten darüber erheben lassen, welche Medien in welcher Sprache wie oft über welches Spiel berichten.
Der zweite Tag wurde von Emmi Kuusikko mit einer Gegenüberstellung unterschiedlicher Mindsets in Unternehmen eröffnet. Während Menschen mit einem “Fixed Mindset” glauben, dass sie über ihre angeborenen Talente und Fähigkeiten hinaus nichts oder sehr wenig neues lernen und entwickeln können, sind Menschen mit “Growth Mindset” davon überzeugt, dass sie ihre Fähigkeiten durch Lernen und Üben weiter entwickeln können. Ihre gegebenen Talente sind lediglich ein Startpunkt, um sich weiteres Wissen anzueignen. Über die Analyse hinaus gab sie zudem Hinweise, die dabei helfen können, einen “Growth Mindset” zu implementieren.
Andreas Suika von Daedalic Studio West gab anschließend einen Einblick in die prozedurale Generierung der Spielewelt in “The Long Journey Home”. Speziell für kleine Teams ist diese Methodik sinnvoll, um große abwechslungsreiche Welten zu erschaffen. In dem Talk erklärte Suika anhand von Beispielen wie etwa die Galaxie mit den darin enthaltenen Planeten erstellt wird, die als Setting des Spiels dient, oder wie Dialoge zwischen Spielcharakteren automatisch generiert werden.
Über die Herausforderungen bei der Produktion eines Remakes des bekannten und erfolgreichen Spiels “King´s Quest” referierte Bill Linn, Sandbox Strategies, der zuvor bei Sierra On-line auch an den ersten ursprünglichen Ausgaben des Spiels mitarbeitete.
Mit Alexander Hutchinson, Creative Director bei Ubisoft Montreal, sprach ein weiterer Veteran der Industrie über Prinzipien der erfolgreichen Anleitung von Spieleentwicklungsteams. In seinem Vortrag gab er den Zuhörern wichtige Hinweise über technische Themen wie verschiedene Aspekte des Game Designs erfolgreicher Spiele. Ebenso wurden organisationelle Punkte angesprochen, wie etwa die optimale Zusammenstellung von Teams.
In einem Interview, geführt von dem Journalisten Dean Takahashi, gab der Unity Gründer David Helgason Meinungen und Ansichten über die Zukunft von Technologien in der Spieleentwicklung preis. Hinsichtlich künfiger Weiterentwicklungen von Engines schätzt er beispielsweise die performante Darstellung von VR Inhalten oder die Weiterentwicklung von Algorithmen für das “Physically Based Rendering” als wichtig ein. Darüber hinaus ging Helgason auf Ziele der Unity Engine ein. Diese solle etwa noch stabiler werden und technologisch anderen Engines möglichst voraus sein.
Martin Sahlin reflektierte in seinem Vortrag über seine Einstellung zur Kunst der Spieleentwicklung im Allgemeinen sowie die Produktion des Spiels “Unravel” im Speziellen. Eine zentrale Rolle spiele die Entwicklung von Emotionen beim Spieler, was Sahlin als “Empathy as a game mechanic” zusammenfasst.
Einen weiteren Vortrag über prozedurale Spielinhalte hielt zu Beginn des dritten Konferenztages Johannes Kristmann von Maschinen-Mensch. Er erklärte wie sein Team bei der Entwicklung von “The Curious Expedition” mithilfe einfacher Layering-Algorithmen eine große Spielwelt erschaffen konnten. Dabei werden im Kern zur Erstellung eines bestimmten Inhalts, z.B. von Gesichtern der Spielfiguren, die verschiedenen Elemente (z.B. Nase, Augen usw.) in verschiedenen Merkmalsausprägungen (z.B. Länge der Nase, Augenabstand usw.) in Ebenen übereinander geschichtet.
Anschließend berichtete Karoliina Korppoo von Colossal Order in einem Post Mortem über die Entwicklung der erfolgreichen Städtebau-Simulation “Cities: Skylines” und die dabei gewonnenen Erkenntnisse. Im Fokus standen hier Game Design Entscheidungen, die dazu geführt haben, dass ihr Spiel kommerziell erfolgreich und von Spielern positiv angenommen wurde.
In einem Dialog besprachen Raoul Barbet und Luc Baghadoust von DONTNOD Entertainment ein Post Mortem von “Life is Strange”. Hierbei gaben sie unter anderem Gründe für das episodische Format des Spiels und gaben Einblick in verschiedene Aspekte und Abläufe der Produktion von “Life is Strange”.
Zuletzt sprach Matt Firor, maßgeblich beteiligt an der Entwicklung von Spielen wie “Dark Age of Camelot” und “The Elder Scrolls Online”, über fünf Lehren, die er während seiner Arbeit an verschiedenen Spieleprojekten gewonnen hat. So sei es zum Beispiel von zentraler Bedeutung, aus Fehlern hinsichtlich des Game Designs zu lernen, um diese in folgenden Projekten nicht wieder zu begehen. Auch solle man die Features eines zu entwickelnden Spiels sehr genau abstecken und dem Drang widerstehen, immer mehr vermeintlich unverzichtbare Features hinzuzufügen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Quo Vadis den Besuchern wieder vielfältige spannende Themen bieten konnte. Viele Aspekte der Spieleentwicklung wurden in zahlreichen Vorträgen und Diskussionen aufschlussreich beleuchtet, sodass man als Besucher neues lernen konnte und sich der Besuch der Konferenz gelohnt hat.